So oder so ähnlich hat es sich wohl zugetragen.

>>Es war einmal,..<< - so fangen zwar alle Märchen an, aber mitunter kann man auch einen Tatsachenbericht mit diesen drei Worten beginnen; wie beispielsweise über die Entdeckung - nicht Erfindung! - des Raclette.

Also: Es war einmal im schönen Schweizer Kanton Wallis an einem Herbstabend, der dort in den Bergen schon empfindlich kalt sein kann. Das Vieh war versorgt, und um sich ein wenig aufzuwärmen, hatte ein Senner in seiner Hütte ein Feuer entzündet, hatte sich den Abendschmaus - Brot und Käse - zurechtgelegt und war noch ein paar Minuten hinausgegangen, um überall nach dem Rechten zu sehen. Offenbar hatte er den Käse zu nahe an das Feuer gelegt, denn als er zurückkam, war dieser an der Schnittfläche geschmolzen und auf das Brot getropft.

Zunächst ärgerte sich der Senner über sein Versehen, da er dachte, das schöne Käsestück sei verdorben und verloren. Aus Neugier probierte er aber den geschmolzenen Käse - und war entzückt über den köstlichen Geschmack.

Am nächsten Abend wiederholte er selbst, was vorher der Zufall bewirkt hatte, wärmte dazu noch Pellkartoffeln - in der Schweiz »G'schwellti« oder auch »geschwellte Kartoffeln« genannt - auf und aß sie mit dem geschmolzenen Käse. Es fand sich auch noch ein Stückchen Bündner Fleisch, das ebenfalls ganz köstlich dazu schmeckte.

Weil der Käse dem hungrigen Senner zu langsam schmolz, nahm er einen Spatel (französisch Raclette) und half etwas nach, indem er den bereits geschmolzenen Käse vom Laib abschabte, damit die Hitze um so schneller an den noch festen Teil heran konnte.

Seine »Entdeckung« teilte er den anderen Sennern mit, die sie nach und nach in den Dörfern bekannt machten. Dort war es auch, wo findige Hausfrauen und später auch Gastwirte - immer auf der Suche nach mehr Abwechslung- eine große Vielfalt bei den Zutaten zum Raclette entwickelten. Auch der Schmelzvorgang wurde ständig verbessert und verfeinert, indem man zunächst ein Eisengestell konstruierte, in das man den halbierten Käselaib einspannte. Dadurch bekam er einen festen Halt, und der geschmolzene Käse konnte mit dem Spatel leichter abgeschabt werden.

Als Feuerstelle diente zumeist der offene Kamin, manchmal auch der Kochherd, dessen Feuerungstürchen man einfach öffnete und den Käselaib davor »in Stellung« brachte. Bei schönem, warmen Wetter bereitete man Raclette auch im Freien am offenen Feuer zu, was auch heute noch ein gern geübter Brauch ist.

Da das Raclette-Essen immer beliebter wurde, lag es auf der Hand, dass findige Köpfe sich mit der Entwicklung eines speziellen Raclette-Ofens beschäftigten und erfolgreich waren.

Alle diese Raclette-Öfen hatten und haben jedoch einen großen Nachteil: Man kann jeweils nur eine Portion (bestenfalls zwei) vom Käselaib abstreichen. Das bedeutet - da man Raclette heiß essen muss - dass der Empfänger dieser Portion sofort mit dem Essen beginnen muss und nicht auf seine Partner warten kann. Ein gemütliches, gemeinsames Essen in fröhlicher Runde ist dabei nicht möglich. Dazu kommt, dass man in größerer Gesellschaft oft lange warten muss, bis man die nächste Portion erhält. Meist ist bis dahin der Gaumenkitzel, der sich beim ersten Probieren eingestellt hat, leider schon vorüber.

Diesen Nachteil kann man jedoch heute vergessen, seit die Industrie Raclette-Tischgeräte herstellt, bei denen man den Käse für alle Gäste gleichzeitig schmelzen kann. So Wird jeder sein eigener Racletteur und kann gleichzeitig mit den anderen das köstliche Raclette genießen. Über die vielen Beigerichte finden Sie auf meiner Homepage zahlreiche Anregungen und Rezepte; neben »klassischen« und einfachen bis zu ungewöhnlichen, aber besonders delikaten Kombinationen.

Der Verfasser hofft, die Raclettefreunde mit diesem kurzen Überblick für den bevorstehenden Genuss richtig eingestimmt zu haben.